Das ist er also. Der Gunung Rinjani. Nach etlichen Stunden am Meer und in der Sonne (klar, die Sonne scheint auch auf dem Hügel) brauchten wir etwas Abwechslung und machten uns auf den Weg zum Rinjani. Dieser ist mit seinen 3726m immerhin der zweithöchste Vulkan Indonesiens und sollte uns die nächsten drei Tage "auf Trab halten". Den Blick schon zum Gipfel gerichtet blieben wir allerdings ziemlich unbeeindruckt, was sich noch als Fehleinschätzung erweisen sollte - man hatte uns zwar gewarnt, aber das konnte (voerst) unserer jugendlichen Arroganz nichts anhaben.
Nachdem wir uns am Vortag mental im Wasserfall auf die Begeistung des Rinjani vorbereitet hatten, starteten wir von Ostflanke des Berges, um bis auf 2600m vorzustoßen, wo es galt am Rand der Caldera die Zelte aufzuschlagen und eine kurze Nachtruhe zu halten, damit bis zum Sonnenaufgang der Gipfel erreicht sein würde, wo uns dann das gesamte indonesische Archipel im kühl-goldenen Licht des Morgens zu Füßen liegen würde.
Während wir auf dem Weg zum Kraterrand unseren Guide in Schnappatmung versetzten, schielten wir schon zum Gipfel. Wir waren eindeutig zu Höherem bestimmt und so konnten wir es kaum erwarten noch vor dem ersten Licht des nächsten Tages den schmalen Grat zum höchsten Punkt Lomboks zu erklimmen.
Im Hang wurden das Nachtlager präpariert, woraufhin sich unsere Träger (vier an der Zahl!) und unser Guide an die Zubereitung des Abendessens machten. Dies sollte die dritte Mahlzeit seit Beginn unserer Wanderung werden und langsam verstanden wir, dass man Verhungern auf dem Rinjani als Todesursache ausschließen kann. Erfrieren nicht. Vereinfacht ausgedrückt: es war schweinekalt. Saukalt. Eisig.
Der Wind trieb Wolkenfetzen über den Rand der Caldera und der Blick auf die raue und karge Landschaft Lomboks wurde freigegeben. Dies führte bereits zu Staunen, welches aber mit dem Einbruch der Dunkelheit in Begeisterung - man möchte sagen: Ekstase - umschlag. Es herrschte, vorsichtig ausgedrückt, allgemeine Heiterkeit.
Als die Nacht hereinbrach, zeigte sich der Vulkan in seiner ganzen Pracht: Die Sonne versank hinter den Zacken des gegenüberliegenden Kraterrandes und Sterne schienen in ungeahnter Intensität. Ein Feuer und Ingwertee kämpften vergeblich gegen die Kälte, die allerdings für kurze Zeit vergessen war.
Natürlich würden wir euch gerne am optisch überwältigendem Zustand des Himmels teilhaben lassen, aber aufgrund mangelnder Technik bleibt euch leider der Anblick der Milchstraße verwehrt, worüber wir unsagbar traurig sind.Tja. Pech gehabt!
Das sind sie also, die Messner Brüder aus Darmstadt, gezeichnet vom Aufstieg, in Attraktivität und Vitalität den Originalen wohl viele Höhenmeter unterlegen.
Es lohnt sich, sich zu quälen, sich anzuschreien und sich einzusauen. Sau dreckig. Wirklich sau dreckig. Die Insignien - oder besser gesagt Stigmata - von wahren Helden!
Impressionen vom Gipfel.
Bereits im Basislager seltsam "verstimmt" feierte der Eine auf dem Weg zum Gipfel die Wiedergeburt sämtlicher Nahrung, die zuvor Dank der immensen Verpflegung in rauen Mengen verzehrt wurde. Dies sollte allerdings nur ein Menetekel für alles folgende sein...
Angekommen allerdings, war alles vergessen. Leere Blicke der Anstrengung schweiften in die Ferne; der Sonnenaufgang belohnte die Wandere mit einem unglaublichen Schattenspiel der umliegenden Gipfel und Krater.
Hier der Bildbeweis. "Psychopath und Doppelkinn." Preis auf Anfrage.
Bei jedem zweiten Schritt nach vorne, rutschte der tollkühne Bergsteiger einen zurück. Fucking loses Geröll.
Nach diesem Schema verlief auch der Abstieg. Die Rutschpartie wurde für den geschundenen zum Martyrium und "beschissen" wurde zu einem Wort, dass nur noch als lästerhaft und Euphemismus bezeichnet werden konnte und damit aus unserem aktivem Wortschatz verbannt.
Hier sieht man neben dem riesigen Kratersee den "neuen" Vulkan, der aus dem "alten" erwächst und wie alle Feuerberge des Sundabogens recht aktiv ist.
Unsere Marsmission sollte mit der Rückkehr ins Basislager freilich noch nicht enden. Es warteten heiße Quellen und eine weitere Nacht am Kratersee auf die beiden Heiligen.
Zurück im Basislager wurde auch gleich etwas gegen die Unpässlichkeit unternommen und alle Zeichen schienen auf "weiter".
Doch wir waren dreckig, geschunden, wund und gematert vom eigenen Körper. Der Geist war willig, aber das Fleisch war schwach. Das Siechtum musste ein Ende haben. Der Berg hat gesiegt. Weiter rennen, klettern und springen wie junge Gämsen war für den Einen nicht mehr möglich. Rückzug!
Nach einigen Tagen des Müßiggangs und der Rekonvaleszens waren die ärgsten Symptome überwunden. Der Frust allerdings war medikamentös nicht zu behandeln. Insgesamt überwiegten jedoch die positiven Erfahrungen und das nächste mal wird jemand anderes als der Berg siegen. Versprochen.